Veranstaltungskalender

Anyumi Quintett
Sonntag, 11. Oktober 2020, 17:00 Uhr
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Katharina Diepold, 1. Violine
Christiana Nobach, 2. Violine
Gottfried Elsas, Viola
Andreas Ferbert, Violoncello Christian Elsas, Klavier

Foto Anyumi 2019 800px

Es erwartet die Zuhörer am 11. Oktober  ein spannendes Konzert zum Beethovenjubiläum mit dem Anyumi Quintett. Auf dem Programm stehen neben einem Streichquartett des Jubilars zwei virtuose Klavierquintette von Dmitri Shostakovich und Robert Schumann.  

Das Konzert beginnt mit dem Streichquartett Nr.4 c-Moll op.18/4 Beethovens. Die Streichquartette op.18 Nr.1, Nr.2 und Nr.3 halten sich betreffs der Ausdruckswelt in den Grenzen anspruchsvoller Spielmusik. Damit knüpft Beethoven hier noch an die Tradition Haydns und Mozarts an und fühlt sich dieser verpflichtet. Das Streichquartett Nr.4 fällt aber nicht nur wegen seiner Tonart, sondern vor allem wegen seiner pathetisch-leidenschaftlichen Ausdruckshaltung bereits aus dem Rahmen der übrigen Werke der Quartettserie op.18. Der tragische Grundzug kennzeichnet dabei jedoch nicht alle vier Sätze, es scheint die Erinnerung an das gesellschaftlich Gebundene immer noch durch, aber der „neue Ton“, der die weitere Entwicklung Beethovens anzeigt, ist schon unüberhörbar.
Dies gilt vor allem für den ersten Satz, dem persönlichsten dieser Komposition. Drängende Leidenschaft, dramatisches Geschehen und Aufbegehren geben ihm einen erregten Grundzug.
Der zweite Satz dagegen ist bestimmt von einem graziösen Thema, das, häufiger in kanonischer Durchführung, durch alle Instrumente wandert. Der dritte Satz nimmt den leidenschaftlich drängenden Ton des ersten Satzes wieder auf, während der vierte Satz mit seinem widerborstigen Hauptthema und epischen Widerholungen ohne Haydn nicht denkbar ist. Ein kantabler Gedanke von elegant strömendem Fluss vermag allerdings die Erregung nicht zu lähmen.

Als Stellvertreter für die Wirkung des Jubilars auf kommende Generationen bis hinein in die Moderne erklingt danach das berühmte und beliebte Klavierquintett des großen Beethoven Verehrers Shostakovichs. „An den Wänden von Shostakovichs Arbeitszimmer hing nur ein Porträt – das von Beethoven“ (Valentin Berlinsky) Shostakovich selber äußerte sich gegenüber seinem Freund und Biographen Krysztof Meyer: „Bei Beethoven haben wir alles – Klassik und Romantik und 20. Jahrhundert.“
Dmitri Shostakovich hatte beim Versuch, negative Emotionen in einer Zeit darzustellen, als sowjetische Kunst nur das Optimistische, offenkundig Unzweideutige gutheißen konnte, in Mahlers potenter Mischung aus Nostalgie, Ironie und gebrochenem Pathos ein unverzichtbares Vorbild gefunden.

Sein Klavierquintett von 1940 gehört zweifellos in die Reihe seiner außergewöhnlich beeindruckenden Werke. Es bezeichnet einen Markstein im Kammermusikschaffen des Komponisten, dem es Zeit seines Lebens ein Anliegen war, allgemeinverständlich zu schreiben. Formale Meisterschaft, melodisch-thematische Einfälle und koloristische Vielfalt verschmelzen zu einer Synthese, die die Sprache des mittleren Shostakovich gültig ausprägt. Es wurde auf Wunsch des Beethoven-Quartetts nach dessen Erfolg mit Shostakovichs C-Dur Quartett op.49 geschrieben. Die Erweiterung des Streichquartettsatzes um einen Klavierpart begründete der Komponist seinem Freund Isaak Glikman gegenüber ganz egoistisch: „Um ihn selbst zu spielen und so einen Grund zu haben, zu Konzerten in verschiedene Städte und Dörfer zu reisen. Jetzt können die Glasumower und Beethovener, die doch überall herumreisen, nicht mehr ohne mich auskommen.“ Die Uraufführung durch das Beethoven-Quartett und Shostakovich am Flügel am 1. September 1940 im kleinen Saal des Moskauer Konservatoriums wurde dann zum vielleicht größten Triumph in der bewegten Laufbahn des Komponisten. Scherzo und Finale mussten wiederholt werden, was sich bei späteren Aufführungen derart einbürgerte, dass man in Russland sagte, es sei das Werk in fünf Sätzen, von denen es sieben gibt. Auch die „Prawda“, die Shostakovich zuvor noch aufs Übelste verrissen hatte, brachte eine euphorische Kritik nach der Uraufführung. Das Werk wurde 1941 mit dem Stalinpreis 1. Klasse ausgezeichnet  und rehabilitierten den 1936 gemaßregelten Komponisten zumindest  vorübergehend.

Nach der Pause steht dann noch das berühmte, brillante, Clara Schumann gewidmete, Klavierquintett Robert Schumanns, wie Shostakovich, ein großer Bewunderer Beethovens, auf dem Programm. Es entstand in  einer außerordentlich kreativen Phase in nur fünf Tagen 1842  und wurde am 8. Januar 1843 in einer der denkwürdigsten Uraufführungen der Geschichte des Leipziger Gewandhauses von Clara Schumann mit Ferdinand David, der das mitspielende Streichquartett leitete, uraufgeführt. Das Klavierquintett op.44 ist nicht nur das erste Kammermusikwerk mit Klavier, das Schumann veröffentlichte, es ist zugleich sein bedeutendstes Werk insofern, als er  damit– trotz erster Ansätze von Boccherini, Schubert u.a. – die Gattung des Klavierquintetts erst eigentlich damit begründete, da sich der Gattungsstil bis zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich konsolidiert hatte. Erst Schumanns Werk, das nahezu schon sinfonische Züge aufweist, wurde Vorbild für alle späteren Klavierquintette, wie etwa die von Brahms oder Fauré. Für eine ganze Komponistengeneration wurde es zum Kammermusikwerk schlechthin.

Clara Schumann notierte in ihrem Tagebuch in der Zeit der Entstehung des Werks „Die letzte Woche des Septembermonats ist, was unser äußeres Leben betrifft, sehr still hingegangen, umsomehr aber hat Robert mit dem Geist gearbeitet! Er hat ziemlich ein Quintett vollendet, das mir nach dem, was ich erlauscht, wieder herrlich scheint – ein Werk voll Kraft und Frische!“

Am Schluss der Komposition steht eine Doppelfuge, womit sich Schumann tief vor seinem großen Vorbild Beethoven verneigt, dessen Große Fuge op.133 als einzigartig in ihrer Kompromisslosigkeit für alle Komponistengenerationen bis heute gilt. Die Fernwirkung von Beethoven wird in diesem Programm spannend und auf erfrischend neue Weise dem Publikum präsentiert; der Jubilar Beethoven erfährt hiermit eine über die üblichen Jubiläumsprogramme hinausgehende besondere Ehrung und Verehrung.

Ingrid-Dorothea Elsas, M.A.

Ort Jagdhaus Kössern
Eintritt 18,00 €